Portraits

Sofie Friedman (geb. 1923)

Sofie Friedmann

Sofie Sommer wurde im Jahr 1923 in Memmingen geboren und lebte mit ihren Eltern und zwei Geschwistern bis 1939 in der Ulmer Straße 6 in Memmingen. Sie emigrierte im Frühjahr 1939 über England in die USA. Sofie Friedman erinnert sich an Memmingen: „Als ich, es war 1930, in der 1. Klasse war, sagte ein Schulkamerad zu mir: ´Wenn Hitler an die Macht kommt und die Juden Deutschland nicht verlassen, wird er euch alle umbringen.’ Ich kam heulend und völlig außer mir heim, aber meine Eltern konnten nichts anderes tun als mich zu beruhigen.“ Langsam wurde alles schlimmer. Wir waren vom Sportverein und dem Freibadbesuch ausgeschlossen.
In der Schule wurde uns der Sportunterricht verboten. Im Unterricht mussten wir in der letzten Reihe sitzen. Während der Pause durften wir nicht mehr mit den anderen Kindern spielen; wir waren auf eine kleine Fläche beschränkt. Wir durften auch außerhalb der Schule nicht mehr mit anderen Kindern spielen. Später durften wir überhaupt nicht mehr zur Schule.“ Nach der Reichspogromnacht beantragte ihre Mutter für ihre Tochter Sofie die Aufnahme in ein Kinder-Hilfsaktionsprogramm mit England. Anfang 1939 konnte und musste die 16-jährige Sofie Deutschland verlassen. 1942 begann sie in London eine Ausbildung zur staatl. geprüften Krankenschwester. Anfang 1946 reiste sie nach Kalifornien aus. Mit 30 Jahren heiratete sie in Los Angeles; die Ehe wurde nach 15 Jahren kinderlos geschieden. Sofie Friedman gehörte der weltweiten Organisation „Friendship Force“ an, deren Motto „Eine Welt von Freunden ist eine Welt von Frieden“ ist.
Als sie 2008 mit der Gruppe in Berlin war, entschied sie sich, einen Abstecher dahin zu machen, „wo ich aufgewachsen war. (…) Es war das erste Mal, dass ich nach fast 70 Jahren nach Deutschland zurückkehrte.“ Anfang 2012 zog Sofie in ein jüdisches Seniorenheim in Los Angeles um. Weiterhin hält sie mit ihren Freunden Kontakt, schreibt sie in ihrem letzten Brief vom Dezember 2012. „Ich gehe täglich spazieren, und außer den Einschränkungen mit den Augen und dem Gehör bin ich fit. Ich bin glücklich.“

Sabine Streck