Portraits

Elisheva Ramon (1918 – 2012)

Elisheva Ramon - Memminger Jüdin, Emigrantin, Psychologin

Memminger Jüdin, Emigrantin, Psychologin

Als Brückenbauerin wurde sie gerühmt, als sie noch im hohen Alter und mit Hörgerät ausgerüstet immer wieder in ihre Geburtsstadt Memmingen kam, um in Vorträgen, vor allem in Schulen, für Völkerverständigung, Frieden und Freiheit zu werben. Das Verhältnis Deutschland-Israel war ihr ein Herzensanliegen. Für ein friedliches Miteinander von Rassen und Religionen warb die Zeitzeugin des Holocaust noch als 90-jährige eine Stunde lang im Memminger Kreuzherrnsaal – stehend.
Als Alice Rosenbaum, dritte Tochter des Käsegroßhändlers Wilhelm Rosenbaum, in der elterlichen Villa am Kaisergraben in einer streng religiösen Familie aufwuchs, erlebte sie schon früh Feindschaft.
Lehrer und Mitschülerinnen an der Höheren Töchterschule verspotteten sie. Ihr Vater war der erste verfolgte jüdische Unternehmer in Memmingen.
Zuerst waren es nur Nadelstiche, man nahm sie hin, man war Jude und das schloss Leiden ein.
Alice floh fünfzehnjährig nach Berlin und von dort mit der zionistischen Jugendorganisation Alija nach Palästina. Auf dem Schiff gab sie sich selbst den Namen Elisheva. Sie arbeitete hart beim Aufbau des Kibbuz Sgeh Elijahn, und ließ sich in Jerusalem zur Kindergärtnerin ausbilden. 1951/52 durfte sie mit einem Stipendium in den USA Psychologie studieren. Dort sammelte sie 20.000 Dollar, mit denen sie, nach Israel heimgekehrt, einen Muster-Kindergarten gründete. In Israel kam noch das Studium der Pädagogik und der Soziologie hinzu. Nach ihrer Heirat arbeitete sie mit ihrem Mann, einem Arzt, ab 1962 noch einmal elf Jahre in einem Kibbuz. 1995 überzeugte sie Nichten und Neffen sowie deren Kinder, mit ihr nach Memmingen zur Teilnahme am „Gedenkgottesdienst 50 Jahre nach Kriegsende“ zu reisen. Verwitwet übersiedelte Elisheva Ramon nach Jerusalem in das Altenheim Beit Barth, wo sie 2012 starb.

Erika Gäble